Foto: Free-Photos, Pixabay

Wie aus Musikinstrumenten Nähmaschinen wurden

PFAFF – ein Name, der Kaiserslautern stark geprägt hat

Autoreninfo Victoria Altmeyer
Georg Michael Pfaff wurde weltweit bekannt durch seine Nähmaschinen. Doch was die wenigsten wissen, ist, dass er eigentlich etwas ganz anderes gelernt hatte. Heute würde man ihn als klassischen Quereinsteiger bezeichnen, der mutig war etwas Neues zu wagen. Doch wie hat es Pfaff geschafft sich einen Namen zu machen? Welche Rolle spielte seine Familie dabei und wie steht es heute um das ehemalige Pfaff-Areal? Diesen und weiteren Fragen wird im Folgenden auf den Grund gegangen. Also seid gespannt, wie es der Name Pfaff geschafft hat weltweite Berühmtheit zu erlangen.
Instrumente der Familie Pfaff
„Blech-Pfaff“, darunter kannte man den gelernten Blechblasinstrumentenbauer Georg Michael Pfaff, während sein Bruder Franz sich auf Holzblasinstrumente spezialisiert hatte und in Kaiserslautern nur als „Holz-Pfaff“ bekannt war. Neben Georg und Franz gab es vier weitere Brüder, die sich dem Instrumentenbau verschrieben hatten. Der Instrumentenbau lag der Familie Pfaff also im Blut. „Blech-Pfaff“ war sehr geschickt in seinem Handwerk. So war es nicht verwunderlich, dass er mehrfach Auszeichnungen für seine Präzision, Tonqualität und stabile Bauweise erhielt.

1848 eröffnete er sein Geschäft in der Rummelgasse in Kaiserslautern und heiratete im darauffolgenden Jahr seine Frau Johanna. Die beiden bekamen insgesamt fünf Kinder: Johanna, Magdalena, Georg Michael, Caroline (Lina) und Jacob.

altes Blechblasinstrument
altes Blechblasinstrument (Foto: Free-Photos, Pixabay)  
Instrumentenbauer
Instrumentenbauer im Pfälzer Musikantenland-Museum der Burg Lichtenberg (Foto: ZRW)
Pfaffs erste Nähmaschine
Wie Pfaff erstmalig mit einer Nähmaschine in Berührung kam, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen. Eine Theorie besagt, dass er auf einer der internationalen Ausstellungen, auf denen er regelmäßig seine Instrumente präsentierte, zum ersten Mal mit einer Nähmaschine in Kontakt kam. Eine andere Theorie erzählt die Geschichte eines Pfälzer Musikanten aus der Kuseler Gegend, der mit einer kaputten Nähmaschine aus Amerika zu ihm kam.

Was auch immer der tatsächliche Auslöser gewesen sein mag – fest steht, dass Pfaffs Interesse an Nähmaschinen geweckt wurde und er ab 1860 erste Nähmaschinen-Konstruktionsversuche nach amerikanischer Bauart anfertigte. 1862 gilt dann als offizielles, aber umstrittenes Gründungsjahr der Pfaff-Nähmaschinenfabrik. Der Instrumentenbau bleibt jedoch zunächst sein Haupterwerbszweig. ​

Erste Schritte zur eigenen Nähmaschine
Bevor Pfaff mit der Herstellung eigener Nähmaschinen beginnen konnte, konzentrierte er sich zunächst auf den Vertrieb angekaufter Waren und die Herstellung lizensierter Singer-Nähmaschinen. Das technologische Wissen über die Singer-Maschinen nutzte er, um seine Eigenen in der Ausstattung und Funktionalität zu verbessern.

Es erfolgte die Fertigstellung seiner ersten eigenen Nähmaschine – eine Doppelsteppstich-Langschiffnähmaschine – und deren Vorstellung in der Öffentlichkeit. Im Grunde handelte es sich um eine modifizierte Howe/Singer-Maschine, doch das Patentrecht wurde in Deutschland erst 1877 eingeführt. Heute befindet sie sich im Deutschen Museum in München.

Im Theodor-Zink Museum in Kaiserslautern steht eine Nachbildung der „ersten“ Nähmaschine von Pfaff. Diese wurde dem Museum 1936 von der G.M. Pfaff AG geschenkt.

Pfaff-Nähmaschine
Nachbildung der „ersten“ Nähmaschine von Pfaff im Theodor-Zink Museum in Kaiserslautern (Foto: ZRW)  
Pfaff-Nähmaschine
Pfaff-Nähmaschine (Foto: Free-Photos, Pixabay)  
Der Aufbau eines Familienunternehmens
Georg Michael Pfaffs ältester Sohn, der denselben Namen wie sein Vater trug, stieg nach Abschluss seiner Maschinenbauausbildung im väterlichen Betrieb ein. Er kümmerte sich fortan um die wirtschaftlichen und technischen Belange des Betriebs. 1871/72 konnte der Nähmaschinenbau auf Fabrikbetrieb umgestellt werden und dank seines Sohnes wurden bereits erste Modelle exportiert. Der Betrieb zählte zu diesem Zeitpunkt bereits 30 Mitarbeiter und produzierte jährlich 1000 Nähmaschinen.

1873 stellte Pfaff die Blechblasinstrumentenherstellung dann endgültig ein, trat sie an seinen Bruder Franz ab und konzentrierte sich von da an nur noch auf die Produktion von Nähmaschinen unter dem Namen „G. M. PFAFF“.

Werbetafel Pfaff
Werbetafel der Firma Pfaff im Theodor-Zink Museum in Kaiserslautern (Foto: ZRW)    
Expansion und Weiterentwicklung
Durch den steigenden Umsatz und Auftragslage veranlasste Pfaff bereits 1875 den Bau eines größeren Fabrikgebäudes in der Mozartstraße. Georg Pfaff Junior reiste für zwei Jahre nach Amerika, um dort unterschiedliche Nähsysteme kennenzulernen und modernste Werkzeugmaschinen zu erwerben.

1878 stieg dann auch der jüngere Sohn Jacob in den Familienbetrieb ein und übernahm als Prokurist die Stelle der Verwaltung und Werbeabteilung. Er schaffte es die Ausweitung des Exports zu beschleunigen, indem er eine internationale Pfaff-Händler-Organisation aufbaute.

Es geht steil bergauf
Ab 1880 lautete der Firmenname dann „G.M. Pfaff Nähmaschinenfabrik“. Die 50.000 Nähmaschine wurde 1882 auf der Nürnberger Landesausstellung verlost. Der erste Nähmaschinenladen im Ausland wurde in London eröffnet und das Warenzeichen wurde 1894 gesetzlich eingetragen. Von da an wurde keine Werbung mehr mit Singer Maschinen, sondern nur noch mit der Eigenmarke gemacht.

Georg Pfaff Junior führte 1887 die normierte Nähmaschinennadel ein. Sein Vater wurde am 15. September 1888 von der bayrischen Landesregierung zum Kommerzienrat ernannt. Ein besonderer Ehrentitel, der im Deutschen Reich vor allem Persönlichkeiten aus der Wirtschaft verliehen wurde, die sich in besonderem Maße für das Gemeinwohl eingesetzt haben.

Nähmaschinennadel
Nähmaschinennadel (Foto: Free-Photos, Freep!k)  
Das heutige Pfaff-Areal
Das Unternehmen stand in voller Blüte. 1889 erwarb Pfaff das Gelände auf dem damaligen „Galgenberg“. Im selben Jahr starb Jacob mit gerade mal 34 Jahren. Er hinterließ einen Sohn, Karl Pfaff.

1890 markiert das Jahr, in dem die 100.000 Nähmaschine gebaut wurde. Ein großer Teil wurde ins Ausland exportiert. Pfaff kaufte außerdem die konkurrierende Firma „Deutsche Singer-Nähmaschinen-Fabrik König & Cie“, welche in der Mozartstraße in Kaiserslautern direkt gegenüber von Pfaffs erstem Nähmaschinenbetrieb lag, auf. Damit stieg die Firmengröße auf das Doppelte an.

Pfaff-Nähmaschine
elektrische Nähmaschine (Foto: Free-Photos, Pixabay)  
Pfaff Kindernähmaschine
Spielzeug Kinder-Nähmaschine im Theodor-Zink Museum in Kaiserslautern (Foto: ZRW)  
Fabrikverlagerung und die goldene Nähmaschine
Am 30. Oktober 1893 starb Georg Michael Pfaff. Sein gleichnamiger Sohn übernahm daraufhin die Leitung und brachte das Unternehmen zu weiterem Wachstum. Bis 1906 wurde die Fabrik dann stückweise auf das heutige Pfaff-Areal verlegt.

Es wurde mit der Herstellung von Spezial- und Industrienähmaschinen begonnen, das erste elektrisch angetriebene Modell kam in den Handel und die Firma zählte erstmals über 1000 Mitarbeitende. 1910 wurde die eine Millionste Nähmaschine mit Gold verziert, hergestellt und dem historischen Museum in Speyer gespendet.

Der Export erstreckte sich mittlerweile über die gesamte Welt. Die meisten Pfaff-Nähmaschinen wurden nach Russland exportiert, gefolgt von Österreich-Ungarn, Britisch- und Niederländisch-Indien und Südafrika. Insgesamt wurden 34 Länder Europas, 22 Staaten Afrikas, 7 Länder Asiens und Australien beliefert. Mit Beginn des 1. Weltkriegs 1914 musste das Werk dann auf die Produktion von Kriegsgütern umstellen und wurde während des Weltkriegs fast vollständig zerstört.

Ihrer Zeit voraus: Lina Pfaff
Mit dem Tod des kinderlosen Georg Pfaff Junior 1917 übernahm seine Schwester Lina Pfaff die Leitung. Lina Pfaff lagen, genau wie ihrem Vater, soziale Projekte am Herzen. So unterstützte sie die Familien der eingezogenen Mitarbeiter während des 1. Weltkriegs und errichtete ein Lazarett.

Am westlichen Ende der Herzog-von-Weimar-Straße entstand um 1920/21 Pfaff-Reihenhäuser. Die Gebäude sind heute noch größtenteils erhalten. Entlang der ehemaligen Pfaffmauer auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht heute ein modernes Wohngebiet. Ein kleiner Abschnitt der Pfaffmauer ist sogar noch bei der Pfaffbrücke zu sehen und erinnert an die einstige Begrenzung zum abschüssigen Pfaff-Gelände.

Weitere Arbeiterwohnungen entstanden um 1923 in der „Pfaff-Siedlung“ und 1924 ließ Lina das „Pfaffbad“, eine gemeinnützige Badeanstalt für die Arbeiter der Firma Pfaff, auf dem ehemaligen Wittelsbacher Platz, heutigen Pfaffplatz errichten. Sie existierte bis 1975, heute wird der Platz als Parkplatz genutzt. 1926 folgte dann der Bau einer „Pfaff-Kinderkrippe“ durch den Diakonissenverein und Frauenverein des Deutschen Roten Kreuzes, in denen Lina ebenfalls aktiv war. Außerdem setzte sie sich für den Erhalt des 1899 gegründeten „Kinderasyls“ von Kaiserslautern ein.

An ihrem 70. Geburtstag wurde ihr der Titel „Ehrenbürgerin“ der Stadt Kaiserslautern verliehen und 1926 wurde sie aufgrund ihres sozialen Engagements als erste und einzige Frau zur deutschen Kommerzienrätin ernannt, der Titel, den zuvor ihr Vater schon trug. Seit 2010 gibt es die Lina-Pfaff-Realschule plus in Kaiserslautern.

Reihenhäuser
Herzog-von-Weimar-Straße heute: Pfaff-Reihenhäuser auf der linken Seite und ein modernes Wohngebiet auf der rechten Seite (Foto: ZRW)  
Pfaffbad
Nachbildung des Pfaffbads im Theodor-Zink Museum in Kaiserslautern (Foto: ZRW)
Der letzte Pfaff
1926 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Mit Linas Tod 1929 ging die Führung an Karl Pfaff über. Karl war der Sohn von Linas Bruder Jacob, den sie 1926 adoptierte und er war auch das letzte Pfaff-Familienmitglied im Vorstand. Auch der zweite Weltkrieg forderte sein Tribut. Dennoch konnte die Produktion wieder aufgenommen und das Werk sogar noch vergrößert werden. Mit Karls Tod 1952 endete die Ära der Familie Pfaff. ​
Erste rote Zahlen bis zur Insolvenz
Zunächst florierte das Geschäft noch, Konkurrenten wurden aufgekauft und die Exportzahlen waren höher denn je. Ab 1974 sank jedoch die Nachfrage nach Industrienähmaschinen. In den 1990er Jahren kam es zunehmend zu Verlusten. Die Aktienmehrheit der Pfaff-Erben wurden verkauft und rote Zahlen, Kurzarbeit und Personalabbau waren die Folge.

Im September 1999 wurde der erste Insolvenzantrag gestellt. Daraufhin wurde das Unternehmen mehrfach verkauft, bis schlussendlich die Produktion am Hauptsitz in Kaiserslautern endgültig eingestellt wurde. Seit 2009 lag die rund 19 ha große Fläche brach.

Pfaff-Gelände
Pfaff-Gelände (Foto: Markus Eberl)
Pfaff-Pforte
Pfaff-Pforte 2015 (Foto: Dr. Hans-Günther Clev, ZRW)
Die Zukunft des Pfaff-Areals
Ein erstes Sanierungskonzept wurde frühzeitig in die Wege geleitet und durch den europaweiten Ideenwettbewerb Europan 12, 2012/2013 bereits erste Impulse zur Quartiersentwicklung gegeben. Nach einer umfangreichen Bürgerbeteiligung wurde 2016 mit dem Rückbau und der Sanierung der Fläche begonnen. Auf Wunsch der Bürgerinnen und Bürger hin wurde der identitätsstiftende Charakter des Pfaff-Areals in seinen typischen Rottönen sowie das unter Denkmalschutz gestellte Portal am Haupteingang und das angrenzende Verwaltungsgebäude weitestgehend erhalten.

Durch das Leuchtturmprojekt „EnStadt:Pfaff“, mittlerweile „EnStadtPfaff 2“, entsteht nun ein klimaneutrales Wohn-, Gewerbe- und Technologiequartier, welches im Mai 2025 den Brownfield Award in Silber in der Kategorie „Bestes Industrie- und Gewerbeprojekt“ erhielt. Bis 2029 soll das Pfaff-Quartier fertiggestellt sein und dient als Positivbeispiel für eine nachhaltige Stadtentwicklung.

Der Name Pfaff hat die Stadt Kaiserslautern in vielen Facetten geprägt und auch heute findet man an vielen Orten in der Stadt verteilt noch Hinweise auf das einstige Weltunternehmen. Welche Pfaff-Orte habt ihr schon entdeckt? Doch nicht nur Kaiserslautern hat eine spannende Vergangenheit. Was hat eure Stadt nachhaltig geprägt? Lasst uns gerne wissen, worüber ihr zukünftig gerne mehr lesen wollt!

Interesse geweckt? Dann schaut doch mal ins WestpfalzWiki. Hier gibt es viele weitere spannende Fakten zu unserer Region, zum Stöbern oder Vertiefen.

Euch fehlt eine wichtige Information? Dann schreibt uns gerne unter oder ergänzt das WestpfalzWiki einfach selbst!

Verwandte Themen

Teilen
Link kopieren
Mailen
Drucken